Vom Wandel der Fotografien [114]

Ich wiederhole mich mit meinen Äußerungen zur Qualität der gezeigten Bilder im www. ganz gerne mal, ist es doch etwas, was mir immer wieder auffällt. Doch dieses Mal betrachte ich die Lage der Dinge von einer anderen Seite. Man muss es nur lang genug und oft genug wiederholen, dann wird eine Sache schon richtig, oder? Passiert das gerade in Sachen Fotografie? Lege ich einmal die Historie der Lichtbilderstellung zu Grunde, so stelle ich fest, dass aus einer Kunst oder einer technisch nur wenigen „Fotografen“ vorbehaltenen Kunstfertigkeit ein Massenphenomen geworden zu sein scheint. Der einstige Seltenheitswert einer fotografischen Aufnahme trug dazu bei, dass sie begutachtet wurde. Nicht nur wegen eventuell angefallener Kosten, auch wegen des Aufwandes, der mit der Erstellung verbunden war. Ein Ergebnis war nie sofort verfügbar, sondern es bedurfte einer Wartezeit, zu der sich immer eine gewisse Vorfreude gesellte.

Das ist heute anders. Jeder Mensch kann zu jeder Zeit ein Lichtbild erstellen, und er tut dies auch. Es ist keine besondere Ausrüstung von Nöten. Als zweiten Aspekt, der noch viel erheblicher wirkt, wirkt die Möglichkeit zur Veröffentlichung der Lichtbilder. Diese besteht durchgehend und wird ebenso beständig genutzt. Während zu Beginn der Fotografie und vor der Massenverfügbarkeit eine Veröffentlichung äußerst eingeschränkt war, nämlich in Form von gedruckten Bildern in entweder Büchern oder Magazinen, in der Mehrzahl aber als Ausdruck in Form von 9×13 oder 10×15 Bildern für das eigene Fotoalbum, seltener als 30×45 Print für die eigenen vier Wände, so wird heute nur wenig gedruckt, da im Zeitalter der Digitalisierung hierzu vermeintlich keine Notwendigkeit mehr besteht.

Dazu bedarf es scheinbar auch keiner Notwendigkeit des Drucks mehr, denn die Fotografie oder Lichtbilderstellung tauscht ihren Sinn ein. Ein schon immer dokumentarischer Charakter übernimmt zunehmend den Sinninhalt, indem nicht mehr die einzelne Fotografie im Vordergrund steht, sondern der Stream. Nicht ein Bild ist als solches wichtig, sondern dieses eine nur als Bestandteil einer Präsentation eines Alter Egos im www. Diese Bilder sind mehr oder weniger austauschbar, es kommt nicht so sehr auf den Inhalt, sondern mehr auf eine Frequenz zum richtigen Zeitpunkt an, in der die Menschen ein Lichtbild veröffentlichen. Damit löst sich die Halbwertszeit der Bilder in Wohlgefallen auf. Im Umkehrschluss fällt auch der Inhalt auf ein kaum mehr messbares Niveau, es scheint einfach nicht mehr notwendig, dass aus einem Lichtbild eine Fotografie oder tatsächlich ein Bild wird.

Nicht aber bei allen Menschen ist es so, nicht alle finden sich damit ab. Obwohl auch ich manchmal diesem Phänomen Rechnung trage. So versuche ich unentwegt eine Art der Kunstfertigkeit aufrecht zu erhalten, die Fotografie als eine Möglichkeit aufrecht zu erhalten, die die Muse im Menschen berührt, seine Phantasie beflügelt und Gefühle wie Anmut, Schönheit und Entzückung nicht aussterben lässt. Ob mit das gelingt steht auf einem anderen Blatt und das darf jeder Betrachter selbst entscheiden. Für mich kann ich nur sagen, dass ich danach trachte, auch, wenn hin und wieder die Verzweiflung ob der unendlichen Flut der Belanglosigkeit an mir knabbert.

7 Gedanken zu “Vom Wandel der Fotografien [114]

  1. Hi Olaf, Yes, I’m back… Erstens mal – ich finde dein Bild zum Text genial… hell/dunkel-plus/minus und in der Mitte beständige Ruhe zumindest eine Zeit lang. Es passt zum Text. Natürlich nur mein Empfinden, andere Fotografen dürfen das auch anders interpretieren. Jo, ich habe mich regelrecht frei gemacht von allem. Es gibt kein Druck mehr in der Präsentation meiner Bilder. Ich mache was ich will, und habe meinen Spaß. Eine wunderbare Leichtigkeit hatte mich ergriffen, als ich mit allem für eine Zeit „Schluss“ machte. Keine Kamera mehr in die Hand nahm und mich gedanklich mit der bildnerischen Zukunft auseinandersetzte. Nach wie vor 🙂 hasse ich Smartphones und jede Art von (Un)social Media Kanälen. Sie haben mir mehr kaputt gemacht, als das sie Nutzen brachten. Allem voran die „Zensur“ ohne gleichen. Willkommen in der Steinzeit der Bildpräsentation. Warum sich immer noch nur so wenige Fotografen NICHT dagegen auflehnen liegt wohl in der „Reichweite“ begründet. Schade… es könnte ein Zeichen setzen.

    Zu Deinem Text brauche ich deshalb auch nichts mehr zu sagen. Du hast meine volle Zustimmung. Wenn auch, bei einer Sache bin ich anderer Meinung: Ich habe mir in meiner „AUS“-Zeit eine 50 Jahre alte Mamiya Mittelformat Kamera zugelegt. DAS hatte nichts mit Nostalgie oder das Denken an die schöne alte Zeit zu tun sondern vielmehr darum, weil ich wissen wollte wie das eigentlich war, damals… wer konnte sich schon eine Mittelformat leisten. Ist ja wie heute auch wieder… Die Besinnung auf die Technik dieses Dinosauriers verlangte mir einiges ab. Und von wegen langsam… 14 Bilder oder mehr in der Sekunde ist nicht langsam, dass ist Formel eins… Die Mamiya ist dagegen eine Schnecke…Ja, man muss schon lange überlegen, ob man das ausgewählte Motiv nun so wie gewünscht ablichten will – es gehen nur 10 Bilder auf den Film… Hinzu kommt der finanzielle Aspekt, der nochmals die Frage aufwirft, ob das Bild es denn nun auch „wert“ ist… Insofern triffst Du bei mir den Nagel auf den Kopf.

    Mittlerweile fotografiere ich wie gesagt auch wieder digital – aber unter völlig neuen Voraussetzungen. Gesetzen die nur mir gelten, niemand anderes. Ich gebe auch keine großen Erklärungen mehr, wie die Bilder entstehen oder entstanden sind. Geht keinen was an. 🙂 Es schadet nicht, wenn man auch mal selbst hinterfragt und tut und macht, wie das denn entstanden sein könnte, das Werk. Der Lerneffekt ist ungleich höher und ich muss nicht das Gefühl gehabt haben, nur ausgenutzt worden zu sein… Wie gesagt, ich habe lange über das Fotografieren danach nachgedacht…

    LG aus dem ehemaligen Candy Shop

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  2. Guten Morgen Alice, (ja, ich bin noch im Morgen-Modus)
    die Verknüpfung mit der Langsamkeit in der analogen Fotografie halte ich für ein klein wenig scheinheilig. Hindert mich nicht ausschließlich mein eigener Geist an der Umsetzung einer Langsamkeit und Konzentration in der digitalen Fotografie? Ich gehe (äußerst selten) mit der M3 los, weil zum einen ein anschließender technischer Prozess mir nichts von Kreativität beim Fotografieren erweitert, zum anderen die Reduktion beim Fotografieren selbst mir ebenfalls kein Gewinn von Qualität ermöglicht. Im Gegenteil, ich beschränke mich und habe weniger Einfluss. So ist, wenn ich digital in die Landschaft gehe, so sind meine Besinnung auf die Langsamkeit und den Blick auf die Möglichkeiten gefordert, und das ist bei mir persönlich eine Frage der Mentalität (überhaupt und des Moments) Warum nehme ich dann überhaupt noch die analoge Kamera? Ich denke, aus Gründen der Erinnerung. Wie war es damals. Das Gefühl kommt schon manchmal zu Stande. 😊

    Sonst stimme ich Dir zu, die billige Verfügbarkeit ist erkennbar und betrifft viele Bereiche. Und ja, jeder hat die Möglichkeit, das anders zu handhaben. Ich freue mich immer, wenn so etwas auftaucht. Und es gibt zum Glück noch Künstler, nur die sind weniger präsent, als all die Möchtegerns bei IG. Wobei, es sind erste Tendenzen zu erkennen, dass Instagram an Einfluß verliert. Finde ich gut. Mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurück kommen. Wenn qualitativ hochwertigere Seiten im www. bessere Social Media Qualitäten aufweisen würden, so wären meiner Ansicht nach auch die offenen und heimlichen Einflussnahmen eingedämmt.
    Aber ein anderes Thema.

    Genieße den Sonntag, liebe Grüße, Olaf

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  3. Guten Morgen😊,
    Es liegt an uns, den Bildern Bedeutung zu geben. Bei meinen analogen fällt mir das viel leichter, als bei den Digitalaufnahmen, das muss ich zugeben.
    Alles, was viel und billig verfügbar ist, verliert Bedeutung. Das ist bei Bildern so, aber zum Beispiel auch bei Fernsehsendungen. Fast jeder nutzt mittlerweile Video in Demand, es gibt keine Straßenfeger mehr. Habe ich tatsächlich den Tatort verpasst, schaue ich ihn mir eben später an.
    Frei Verfügbarkeit für alle macht nicht glücklicher, sondern unzufriedener. Der Kick fehlt, dass man sich etwas Besonderes gönnt. Beim Photographieren lösen manche das Problem durch sündhaft teures Equipment, die Bilder werden davon auch nicht besser, aber sie werden in den Augen des Photographen zumindest wertvoller.
    Wir sehnen uns nach Bedeutung, nach Besonderem, danach Fußspuren zu hinterlassen. Da die Qualität keine so große Rolle mehr spielt, versuchen wir es durch Quantität zu kompensieren. Dass das keine Lösung ist, zeigt sich schon daran, dass beispielsweise in der Photographie wieder vermehrt zur Analogen gegriffen wird.
    Liebe Grüße
    Alice

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