Agonie der Hoffnung [120]

Veränderung ist das, was Leben bedeutet. Stagnation hieße ein Wandel zu einem Stillleben. Doch – alles bewegt sich. Nichts ist fixiert, weder der Berg, noch der Ozean, noch das Plastik in unserer Umwelt. Unser Leben sowieso, denn während wir verzweifelt oder im Glauben gekonnt meinen, es steuern zu können, geschieht Leben einfach so weiter. Offenen Auges schreiten wir voran, beobachten all die Dinge, die sich verändern, schauen hi und da nach vorne und zurück, sehr selten mal zur Seite, bestimmt aber nicht über den Tellerrand hinweg und setzen unsere Schritte fort.

Hoffentlich geht das gut, denken wir uns, kaufen weiter fleißig jedes Jahr ein neues Handy, alle 3 Jahre ein neues Auto und alle 12 Jahre einen neuen Lebensabschnittspartner. Ach, Unsinn, wir doch nicht, immer diese Statistiker. Was ist schon Durchschnitt? Also, hoffentlich geht das gut. Klima, Regenwald, Plastik, Umwelt, Bildung, das Leben schlechthin. Sieht zwar manches nicht mehr so toll aus, aber hey, bei uns im Discounter gibt’s doch alles. Und Microplastik in mir habe ich auch noch nicht gefunden. Zwar auch nicht gesucht, aber was solls, geht mir doch ziemlich gut. Na gut, im Schnee ist es jetzt auch nachgewiesen worden, aber naja, den essen wir ja nicht. Nee, den trinken wir auch nicht, Niederschlag doch nicht. Wie, Tiere, die wir verspeisen trinken Regenwasser? Naja, wird schon nicht so schlimm sein. Man soll sowieso weniger Fleisch essen. Soll gesünder sein. Dafür mehr Gemüse. Und wer jetzt auf die Analysen hinweist, die Microplastik auch in Gemüse nachweisen konnten, der ist schon ein regelrechter Spielverderber.

Wird schon gutgehen, irgendwie. Dass die meistverkaufte Nussnougatcreme (der Welt?) jede Menge Palmfett beinhaltet, das weiß man, aber so schlimm wird die Abholzung der Urwälder nicht sein, wo statt des Urwaldes Palmen angebaut werden. Darauf erst mal einen Kaffee aus der Kapsel-Maschine trinken. Plastikmüll? Das bisschen. Außerdem, für mich alleine lohnt kaum eine andere Variante. So als Single, von denen es ja immer mehr gibt, gerade in Städten, wo alle hin wollen oder müssen, weil das Fahren ja nicht mehr zeitgemäß ist. Umwelt, du verstehst?

Wer hat eigentlich gesagt, dass die Kommunikation zwischen den Menschen problematisch würde? Bei uns nicht, wir haben ein Smartie, mit allen möglichen Apps und Anwendungen, mit deren Hilfe wir total viel kommunizieren. Da braucht man nicht mal mehr hingehen. Und Konflikte gibt’s da auch weniger. Man muss ja nicht antworten und schlimmstenfalls muss man halt blockieren. Außerdem kommuniziere ich mit all meinen Freunden der sozialen Netzwerke. Das sind echt viele und wir kommunizieren echt viel. Und die Likes erst. So viele, ich bin echt was wert.

Nee, raus gehen machen wir weniger. Wozu auch, geht alles online. Und viel günstiger. Und, wir müssen kein Auto oder Bus fahren, schonen total die Umwelt damit. Die Post fährt eh, hält bei fast jedem, in der Straße, jeden Tag. Dann ist mein Paket ja sozusagen nur Mitfahrer. Sozusagen. Außer Urlaub natürlich. Wir fliegen fast jedes Jahr weg. Ja, wegen Wetter. Ist hier auch nicht dolle, zumindest nicht zuverlässig. Ja ich weiß, ökologischer Fußabdruck. Aber weißt du, wenn ich Greta so sehe, die jetzt über den Atlantik segelt, und nur im Notfall den Diesel im Boot anwirft, das ist cool. Nee, ich hab leider nicht die Zeit, nach Formentera zu segeln, weißt du, die Dauer, ich hab ja nur 2 Wochen Urlaub im Sommer. Und La Réunion, wie lange müsste ich dahin segeln? Greta hat keinen Job, die hat es gut, und die Überfahrt wird wohl gesponsert. Denke ich, oder.

Hoffentlich geht das gut. Nee, nicht Greta, die haben einen Schiffsdiesel. 84 PS. Ich meine den Rest. Klima, Plastik, Regenwald und so. Ach ja, und Bildung. Aber bei der Bildung beginnt es, denn woher soll man wissen, was in der Nussnougatcreme für Inhaltsstoffe sind, wenn man in der Schule schreiben darf, wie man hört. Und wo der Unterrichts-Ausfall so hoch ist, dass Politik oder Ethik gar nicht statt finden kann. Wie soll einer darauf kommen, dass in einem Land in Südamerika Regenwälder gerodet werden, um Soja, das hauptsächlich für Tiernahrung verwendet wird, anzubauen. Das ist so weit weg, was die da machen und wenn einige Indianerstämme dafür ausgerottet werden, von den Tieren ganz zu schweigen, was solls, da irgendwo in Afrika oder Amerika, oder wo das ist. Und Palmöl für Biosprit, wo der Urwald für Palmen … – ja, du weißt schon… , das ist traurig, ja, aber der Biosprit ist gut für’s Klima. Nee, ist alles nicht gut, aber so schlimm bestimmt nicht, das sind garantiert nur Fake-News. Bestimmt. Hier ist alles in Ordnung im Supermarkt und Elektronikmarkt, wo es viele coole neue Handys gibt, jedes Jahr. Was die können, glaubst du nicht. Und jetzt komm‘ mir mal nicht mit seltenen Erden aus Afrika. Mach nicht noch ein Fass auf, sonst kommt mir noch der Gedanke, dass man nix mehr darf.

Nee, is nicht ironisch gemeint, ironisch? Wenn das mal nicht ironisch ist… 😉

Die Dauer des Lebens [Gefühle der Seele, Intermezzo]

Das Leben zu leben ist anstrengend. Manchmal ist es mehr, manchmal weniger anstrengend. Je mehr ich gegen etwas, also mich selbst und meine Seele ankämpfe, desto anstrengender wird es. Ist das Gefühl im Fluss, so strengt es weniger an.

Heute war es anstrengend, denn ich habe Dinge behandeln müssen, die meinem Wesen widersprechen. So kommt es von Zeit zu Zeit, und ich überlege, warum es so ist, woher es kommt und wohin es will, dieses Gefühl der Verbundenheit zur eigenen Seele und der Abstoßung zu jenen Dingen, die der Seele zuwider streben. Das Gefühl dafür ist sehr deutlich, aber es gibt eine Ohnmacht, die zu einer Verzweiflung führen kann.

Nein, ich beschwere mich nicht, denn ich kann es ändern. Diese Änderung kostet zwar einiges, Menschenleben, Herzen, Seelen, aber es ginge. Doch gehe ich so mit Menschenleben, Herzen, Seelen um? Bringe ich einen Teil im Herzen des anderen um? Noch nicht. Erst, wenn mein Herz gebrochen ist?

Werde ich dann, wenn der Leidensdruck zu groß geworden ist, handeln? An manchen Tagen ist die Schale dünner, der Kern ungeschützt und sehr empfindsam. Solche Tage können schön sein – Zeit zum Innehalten. Doch auch anfällig ist die Seele dann, wenn sie sich geöffnet hat. Jene Gefühle, die ihr widerstreben, erscheinen, sie werden viel stärker empfunden, als aus einer Stärke heraus. Es kann wahrlich schmerzen. Wie viele Tragödien basieren genau auf diesem Gefühl.

Die Seele blutet, sie fühlt und lässt zu, was kommt und ist, ganz gleich, welcher Herkunft. Dieser Schmerz ist nicht immer einfach zu fühlen, manchmal möchte ich weglaufen, doch ich weiß, der Schmerz ist da, woimmer ich bin. Denn er ist die Seele. Manches ist wie ein Wunder, so unfassbar schön. Anderes wie eine Abstoßung, oder nein, nicht Abstoßung, denn es ist längst zugelassen und empfunden. Doch es fühlt sich einfach nicht richtig an. Diese Erkenntnis ist folgerichtig, denn eindeutig der Seele zugegen.

Was tun, in diesem Moment? Der Kopf ist überheblich und schlau, doch machtlos, weil die Seele geöffnet ist. Bleibt uns nur fühlen und loslassen, aufnehmen und vorbei lassen, wahrnehmen und sein Empfinden dem Licht zuwenden. Ja, manchmal wirkt es schwer, aber eine Seele, die empfindet, ist fähig dazu. Von einfach hat nie jemand gesprochen. Viele Grüße von deinem Seelenverwandten.

Das versteckte Bild, Teil 2 [119]

Fotos von mir, gerne, ich bin ja Model, aber kein Akt, Teilakt, Dessous oder sinnliche Bilder.

Nichts gegen einzuwenden, oder? Es gibt Menschen, die mit ihrem Körper zufrieden sind und ihn gerne sehen, andere eher nicht. EIN AUFSCHREI? So kann man es nicht sehen. Nun gut, denkt sich der Mensch, ich versuche es anders. Die einen sehen ihren Körperbau als eine private Angelegenheit, der sollte nur zu erahnen sein. Ihr Gesicht darf gezeigt werden. KEIN AUFSCHREI? Welche Betrachtungsweise ich auch immer an den Tag lege, ich komme zu ja oder nein, wenn es darum geht, den Körper in seiner Form zu präsentieren. Wohlgemerkt, es geht nicht um den Körper an sich, sondern um die Präsentation in der Öffentlichkeit desselben.

Ich möchte mich nicht als Aktmodel versuchen. Meine Haut bleibt versteckt, weitestgehend. Bikini ist eine andere Sache. Das höre ich oft. Ja, so sehen mich die anderen am Strand oder im Schwimmbad. An anderen Orten nicht, denn wer versucht, im Bikini durch Venedig zu gehen, dem drohen Bußgelder im fast 4-stelligen Bereich und die Ausweisung aus der Stadt. 2019. Nebenbei bemerkt.

Doch wir waren bei einem Lichtbild, das auch in Jahren noch sichtbar sein wird, das zeigt, was wir einst taten, wie wir aussahen, im Bikini, oder im Pulli, mit nacktem Gesicht oder mit nacktem Körper, bis auf die Stellen, die ein Bikini verdecken könnte, aber nicht muss. Diese Bilder verschwinden niemals im Netz. Jeder könnte sie finden, unter den zum Beispiel im Jahr 2017 geschätzten 1.500.000.000.000 veröffentlichen Bildern wäre es dabei, darunter könnte man es finden. Ja, stimmt, könnte man.

Worum geht es hier eigentlich? Um Körper-Verständnis weitestgehend, und um Fotografie im engeren Sinne.

Was bedeutet eine Präsentation von mehr Körper auf einem Bild, als sonst in der Öffentlichkeit zu sehen ist? Keineswegs präsentieren sich nur Menschen, die einem allgemein akzeptierten Ideal von einem ansehnlichen Körper entsprechen. Es ist vom Supermodel bis zum Nicht-Model jeder dabei. Woran liegt die Abneigung oder Zustimmung zu derartigen Aufnahmen? Jeder kann diese Frage für sich selbst beantworten und kommt zu einem persönlichen Ergebnis, das vielleicht variabel ist. Akt-Aufnahmen ja, für mich persönlich, aber nur für mich. Gut, der Fotograf sieht sie auch, aber ist sein Job und er hat schon unzählige Körper gesehen. Oder sind die Aufnahmen für meinen Partner? Ja, wäre eine Möglichkeit und wird öfters angefragt. Oder mache ich es, weil ich mich gerne präsentiere, jedem und allen gegenüber offen bin und meinen Körper toll finde? Da ist es wieder, die Vermischung von Aussehen und Wahrnehmung. Den Aufschrei hatten wir schon. Und doch differenziert sich hier die Einstellung, denn ein Mensch, der mit seinem Körper zufrieden ist und ihn toll findet, muss noch lange nicht einem gängigen Schönheitsideal entsprechen. Darin liegt nämlich der Unterschied, es kommt auf das Selbstverständnis an.

Ich möchte hier keinen Zusammenhang zur Sitte und Moral herstellen, das würde zum einen zu weit führen und zum anderen gilt die Ethik als höchst persönlich. Was für einen Kunst ist, (Rembrandt Harmenszoon van Rijn, Picasso, Dürer, Praxiteles, Tizian, Goya, Gauguin, Manet, und so weiter, ist für den anderen Schund. Ein nackter Körper ist für einen Normalität, für einen anderen anstößig, es kommt auf die Umstände an und die Zeit und die Gesellschaft. Es gab Zeiten, da wurde der Beischlaf ausschließlich im Dunkeln vollzogen. Heute sind frei zugängliche Erotika aller Art Gang und Gäbe. Darüber hinaus gibt es Künstler, die anerkannt einen Teil ihrer Fotografie der Akt-Fotografie gewidmet haben (Newton, Bietesnich, Mappelthorpe), auf der anderen Seite finden sich im www genug stillose Beweise für Versuche, die nicht nur der Ästhetik widersprechen, sondern sogar vulgär und billig erscheinen. Und das ist nicht adäquat mit der Summe der sichtbaren Haut.

Was steckt also dahinter, hinter einer Aussage eines Menschen, Model ja, bitte kein Akt, Teilakt, verdeckter Akt oder Dessous? Tatsächlich nur die Gesellschaft? Was denkst Du, warum es so lauten könnte? Privatsphäre und Sicherheit, Intimität und Anstand? Was denkst du?

Das versteckte Bild, Teil 1 [118]

Fotos, ja, aber bitte nur verkleidet.

Was erreichten unsere Vorfahren, was wurde aus unserer eigenen Sicht auf das, was menschlich ist? Was hat ich im Laufe der Evolution getan in Bezug auf die Ansichten und Aussichten auf unseren Körper, unsere Seele? Sind es ethische und ästhetische Aspekte, die unsere Empfindung anleiten, unser Denken bestimmen, unsere Ansichten zu konkreten Reaktion zwingen? Nicht immer ganz zuverlässig kommt es in Sachen Ästhetik zu Entgleisungen. Irrungen und Wirrungen scheinen an der Tagesordnung zu sein, sie beeinflussen so unsere Wahrnehmung, stellen sie auf eine manchmal harte Probe, und rütteln mitunter gehörig an den Grundfesten.

So auch bei mir. Die Beben sind manchmal so gewaltig, dass ich viel mehr von dem in Frage stelle, was in mir zurechtgebogen und niedergemetzelt, ausgemerzt und aufoktroyiert wurde. Regeln und Sitten, Anschauungen und Gesetze, Verordnungen und Verhaltensweisen stehen da, immer wieder nackig, ohne Verkleidung, zeigen ihren wahren Hintergrund und ergeben sich damit der Sinnfrage, und der Herkunft ihrer selbst. Warum soll es SO sein, und wohin soll ES führen? Wer prägte ES einst, wer vertritt ES heute und wozu? Was könnte sich ändern, verfolge man ES so nicht weiter? Revolution nannten es manche, Konterrevolution erfolgte häufig, andere nannten es sittlichen Verfall, wieder andere Befreiung. Wenn ein System als einzige Rechtfertigung den Selbsterhalt vorweisen kann, ist dann nicht der Zeitpunkt gekommen, es zu hinterfragen?

Wann erkennen die Menschen ein System? Erkennen sie es dann erst, wenn es sie in ihrer Existenz bedroht? Wie könnte eine solche Bedrohung aussehen? Was, wenn das System den Menschen konditioniert hat, und er gefangen in weltlichen Dingen einer wesensfremden Kultur verfällt? Was muss dann geschehen, bis der Mensch erwacht, aus dieser doppelten Falle? Einmal die Falle der Wesensfremde, zum anderen die Falle der eigentlichen Entmenschlichung.

Wenn das System dem Menschen eine recht komfortable Lage bietet, in der die Grundbedürfnisse gestillt sind, und jenen Bedürfnissen, die darüber hinaus gehen, eine Ersatzbefriedigung geboten wird, vielleicht lässt sich damit diese Trance so lange aufrecht erhalten, bis die Menschen zu dekadent, zu bequem, so verunsichert, so geistig alt und arm geworden sind, um einen Aufruhr anzuzetteln oder die richtigen Fragen zu stellen, damit die Menschen erwachen. Das System erhält sich selbst somit. Wer ist eigentlich DAS SYSTEM? Sind es Menschen unter uns, die das System bilden, oder hat es sich verselbstständigt? Wer sind seine Lakaien, seine Helfershelfer, seine Verehrer, seine Knechte, seine Verfechter, seine Mitläufer, seine Anhänger und Handlanger und gar seine Erschaffer? Etwa wir alle? Ich fürchte, ich bin ein Teil davon.

Brauchte es Zeit, um diese Dinge zu erkennen? Nein, nicht wirklich. Mut? Schon eher. Und etwas verändern? Vielleicht, jeder einzelne und in seinem Wirkungskreis. Von innen, dort, wo wir sind. Oder?

Von der Vergänglichkeit [117]

Fotoshooting, Koblenz, Portrait, tfp, Fotograf, Model,

mies-vandenbergh-fotografie.de

Über die Phasen des Aussehens im Laufe des menschlichen Lebens habe ich schon geschrieben. Wir Menschen befinden uns in einem ständigen Wandel. Das Wachstum ändert zwar immer wieder seine Geschwindigkeit, bis es irgendwann gänzlich zum Stillstand kommt, ab dann wächst der Körper nicht weiter, sondern baut nach einer Phase der Stagnation stetig ab. Die äußerlichen Faktoren sind für jeden sichtbar. Es beginnt scheinbar schleichend, das Gewebe verliert an Spannkraft, der Mensch kann tun, was er will, es geschieht. Das ist nicht umkehrbar, auch wenn viele Menschen es gerne umkehren würden. Soweit der Fakt. Was aber bedeutet es für unser Leben? Nichts? Für jeden Bereich nichts? Für unser Dasein überhaupt, nichts? Für das, was von uns bleiben wird, nichts? Für die Menschlichkeit, nichts?

Die Jugend weiß nichts von den Veränderungen, die sie erwarten. Klar, sie hören es, aber bis sie betroffen sind, sind es für sie ferne Galaxien aus der Mandelbrot-Menge. Ab einem gewissen Alter finden sich recht plötzlich erste Anzeichen für eine Alterung. Ab wann, das ist bei jedem Exemplar anders. Was geschieht dabei, was geht in den Menschen vor, wenn sie es feststellen? Auch da ist jedes Exemplar anders. Was macht diese Veränderung mit der Psyche des Menschen? Der Körper verändert sich, die Psyche eigentlich nicht. Warum dann die psychischen Probleme? Sind es überhaupt Probleme? Wirklich? Frage ich meinen persönlichen Schönheitschirurgen, so meint er, die Probleme sind erheblicher Natur. Also, alles nix, oder? Frage ich meine Kolleginnen und Kollegen, ist es eigentlich keine große Sache, aber der Job von dir, altes Eisen, ist schon nicht schlecht. No Problem, oder? Deine Freunden bist du immer gleich viel wert, oder? Sie bemessen dich nicht an der Elastizität deines Bindegewebes, oder? Auch dann nicht, wenn sie vielleicht etwas jünger sind, und bei ihnen der Verfall früher beginnt, als bei dir? Dein Partner schon gar nicht, er liebt dich sowieso deiner inneren Werte wegen, nicht wahr? Ein jüngerer Mensch als neuer, frischer Partner im Austausch wäre keine wirkliche Veränderung, zumal du selbst ja gleich alt bleibst. Oder ist es anders?

Worum geht es eigentlich? Um Körper oder Geist und Seele? Was möchtest Du diesbezüglich, welche Gesellschaft wünschst Du Dir? Welche Rolle spielt deine Hülle, deine Haut, deine Haare, deine Kleider? Wie viel Bedeutung hat dein Blick? Welche Bedeutung hat die Berührung, wenn du auf der Haut entlang des Oberschenkels, des Pos des Rückens entlang streichst und deinen Partner spürst, und du dabei straffe, weiche Haut fühlst oder die Haut die ersten Falten hat, das Gewebe nicht mehr so straff ist, wie es Jahre zuvor noch war? Was ändert sich im Menschen allgemein, was in dir, und was in dem Menschen, der vor dir liegt, der eine Grenze überschritt und die Jugendlichkeit verließ? Was sagt der Körper aus, in einer Gesellschaft von heute? Was kann der Körper bewirken, wenn er jung ist, und was, wenn er älter ist? Was denkst Du darüber?

Warum ich? [116]

Nude, Artnude, akt, teilakt, sensual

mies-vandenbergh-fotografie.de

Warum! möchtest du mit mir arbeiten? Welche Gründe hast du? Weißt Du denn nicht, wie anstrengend es sein kann, mit mir zu arbeiten?

Du meinst, du siehst die Ergebnisse, sie gefallen dir und du möchtest ähnliches haben?

Weißt Du, wie schwierig das ist, was du dafür tun musst?

Wie meinst Du, so aufwendig kann es gar nicht sein?

Wenn Du wüsstest, was Du dafür zu leisten im Stande sein musst?

Kannst Du Dir nicht vorstellen? Du meinst, das ist doch alles ganz easy? Schließlich sähe man auf den Bildern, wie locker sie wirkten?

Ja, sehen so aus, gebe ich dir recht. Meinst du, das bekommst Du hin?

Das ist so aufwendig und kompliziert, so schwer und zeitraubend, besonders aber erfordert es eine besondere Leistung von dir:

Sei zuverlässig!

Zu schwer, nicht wahr. Zu aufwendig, oder? So viel zu investieren, für nur ein Bild? Kaum den Aufwand wert, nicht wahr! Lieber nicht, zu viel, dachte ich mir. Aber sei nicht traurig, das Leben läuft. Gewiss.

Welcher Aufwand ist nötig, um ein Bild zu erschaffen? [115]

Ganz klar ist die Beantwortung dieser obigen Frage daran geknüpft, welches Ziel hinter dem Bild steckt. Davon hängt ab, ob ein Bild nach dem Zufallsprinzip erschaffen würde oder ob Planung und Ideenfindung dahinter steckt.

Was ist nötig für ein Bild? Einerseits könnten sich Model und Fotograf irgendwo treffen und Bilder machen. So wird ein Mensch fotografiert und es entstehen Bilder. Andererseits kann eine aufwendige Planung hinter einem Shooting stehen. Das ist meist dann der Fall, wenn es sich um eine konzeptionelle Arbeit handelt, die zu einem bestimmten Ergebnis führen soll. Welcher also ist der Weg, Dein Weg, mein Weg?

Pauschal lässt sich keine Antwort darauf finden. Jeder Mensch hat einen anderen Anspruch an ein Bild. Nicht jeder möchte einen großen Aufwand betreiben, um ein paar Bilder zu erhalten. Model und Fotograf sind gleichermaßen gefragt, wenn es um die Qualität der Aufnahmen geht, und beide legen fest, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind und wie die Planung von statten geht.

Ein Skizzenbuch beispielsweise ist für manche Menschen Neuland. Eine vorherige Beschäftigung mit dem Shooting kann mehr oder weniger intensiv sein. Manchem Model reichen einfache Bilder ohne großen Aufwand aus, manchen Fotografen entsprechend. Widersprüchlich dabei ist allein das Anspruchsdenken der Menschen: Manche Menschen erwarten explizit außergewöhnliche und besondere Bilder, gehen jedoch ohne Vorstellung davon an die Umsetzung heran. Manche legen die Umsetzung in die Hand des Anderen oder erwarten einen All-Inclusiv-Service ohne eigenes Zutun.

Wieder andere Menschen haben erste Erfahrungen hinter sich und bieten sich als Model an, dies mit der Prämisse, die entstehenden Bilder sollen wenigstens der Qualität der eigenen gezeigten Fotografien entsprechen. In den meisten Fällen jedoch findet sich bei diesen Bildern offensichtlich leider keine besondere Qualität. Aber selbst diese Einschätzung liegt im Auge des Betrachters, und vielleicht reicht einigen dieses Mittelmaß aus und sie finden diese Bildchen gut genug. Immer wieder kommt es auf den Anspruch und das Ziel an.

Vielen Fotografen geht es mehr um eine Sammlung vieler unterschiedlicher Menschen als Motiv für ihr Portfolio, da spielt die Qualität eine eher untergeordnete Rolle. Ob diese Fotografen die Qualität ihrer Bilder überhaupt erkennen steht für mich zur Debatte, denn wie solle die Aufnahme werden, wenn ein Mensch die Wirkung eines Blicks oder einer Pose nicht erkennt und damit nicht beeinflussen kann. Wenn ich die Bilder eines Peter Lindbergh oder einer Annie Leibovitz betrachte, so sehe ich doch, dass es funktionieren kann. Diese Bilder kann jeder sehen. Warum also kommt es zu solchen Unmengen mangelhafter oder unterdurchschnittlicher Fotos im Netz? Vielleicht liegt die Antwort schon in der Frage, denn der Punkt ist wahrscheinlich allein die einfache Möglichkeit der Publikation von allem und jedem im Internet, gravierend die miserable Qualität auf einigen Socialmedia-Plattformen, auf denen man sich unbedarft aufhalten kann. Wieder aber stellt sich hier die Frage des Anspruchs: Will ich künstlerisch-außergewöhnliche Bilder kreieren, oder reicht mir die natürliche Abbildung eines lächelnden Menschen, was keineswegs ein verwerfliches oder minder wichtiges Sujet ist? Nicht jeder hat den Anspruch, ein hochwertiges Bildnis zu erstellen, ganz abgesehen von der Fähigkeit dies zu erfüllen, und dabei schließe ich mich explizit ein. Nicht jeder hat die Ressourcen im Rahmen seiner Möglichkeiten einen Stab an Mitwirkenden aufzustellen, die als Stylisten, Makeup-Artisten, Licht-Adjudanten, allgemeine Helfer und Berater bei einem Bild mitwirken. Wieder stellt sich die Frage nach dem Anspruch.

Die Bedeutung der Fotografie ist in einem starken Wandel begriffen. Jeder Mensch muss sich selbst vor Augen führen, welche Bedeutung sie für ihn hat. Nach der Schwemme von Bildchen im www gilt es vielleicht eine Rückbesinnung zur Form der Fotografie als Kunst anzustoßen. Eine Gegenbewegung zur Manier des Dauerpostens zur Erhöhung der eigenen Reichweite in Form unzähliger Follower zur Steigerung des eigenen Egos ist vielleicht ein Weg. Mehr gute Bilder als viele Bilder. Oder hälst Du den Zug für abgefahren?

Mein geschätzter Fotografen-Kollege Lars Döbler hat in einem bemerkenswerten Artikel kürzlich die in vielen Bildern geforderte Geschichte im Bild in Frage gestellt. Ich selbst denke darüber seit 30 Jahren nach und für mich gibt es ebenfalls Bilder, die einfach nur diesen „Wow-Effekt“ haben, ohne eine Geschichte zu erzählen. Das kann die Darstellung eines Körpers sein oder der Ausdruck der Augen, der mich anhalten lässt und einfach nur begeistert staunen. Ob eine langhaarige Darstellerin in langem, wehenden Kleid in den stürmischen schottischen Highlands oder ein CloseUp eines Körperteils im Gegenlicht kann diesen Effekt haben. Bei diesen Bildern stellt sich die Frage, wie viel Aufwand notwendig war für die Erstellung. Standen drei Mitarbeiter mit Windmaschinen neben dem Model in wehendem Kleid oder herrschte tatsächlich stärkerer Wind und Helfer hatten alle Mühe die Blitze mit den Lichtformern festzuhalten? Oder war man nur zu zweit in der Eifel und es war zufällig windig, die Bilder entstanden nur mit availible Light? (Ja, sieht man natürlich auf den Bildern)

Welcher Aufwand ist für Dich tragbar und es wert, aufgewendet zu werden? Locker flockig oder gezielt geplant? Beides, hin und wieder? Manchmal kommen mir Zweifel. In letzter Zeit häufiger, als mir lieb ist. Aber ich bleibe gelassen. Wie siehst du das?

Vom Wandel der Fotografien [114]

Ich wiederhole mich mit meinen Äußerungen zur Qualität der gezeigten Bilder im www. ganz gerne mal, ist es doch etwas, was mir immer wieder auffällt. Doch dieses Mal betrachte ich die Lage der Dinge von einer anderen Seite. Man muss es nur lang genug und oft genug wiederholen, dann wird eine Sache schon richtig, oder? Passiert das gerade in Sachen Fotografie? Lege ich einmal die Historie der Lichtbilderstellung zu Grunde, so stelle ich fest, dass aus einer Kunst oder einer technisch nur wenigen „Fotografen“ vorbehaltenen Kunstfertigkeit ein Massenphenomen geworden zu sein scheint. Der einstige Seltenheitswert einer fotografischen Aufnahme trug dazu bei, dass sie begutachtet wurde. Nicht nur wegen eventuell angefallener Kosten, auch wegen des Aufwandes, der mit der Erstellung verbunden war. Ein Ergebnis war nie sofort verfügbar, sondern es bedurfte einer Wartezeit, zu der sich immer eine gewisse Vorfreude gesellte.

Das ist heute anders. Jeder Mensch kann zu jeder Zeit ein Lichtbild erstellen, und er tut dies auch. Es ist keine besondere Ausrüstung von Nöten. Als zweiten Aspekt, der noch viel erheblicher wirkt, wirkt die Möglichkeit zur Veröffentlichung der Lichtbilder. Diese besteht durchgehend und wird ebenso beständig genutzt. Während zu Beginn der Fotografie und vor der Massenverfügbarkeit eine Veröffentlichung äußerst eingeschränkt war, nämlich in Form von gedruckten Bildern in entweder Büchern oder Magazinen, in der Mehrzahl aber als Ausdruck in Form von 9×13 oder 10×15 Bildern für das eigene Fotoalbum, seltener als 30×45 Print für die eigenen vier Wände, so wird heute nur wenig gedruckt, da im Zeitalter der Digitalisierung hierzu vermeintlich keine Notwendigkeit mehr besteht.

Dazu bedarf es scheinbar auch keiner Notwendigkeit des Drucks mehr, denn die Fotografie oder Lichtbilderstellung tauscht ihren Sinn ein. Ein schon immer dokumentarischer Charakter übernimmt zunehmend den Sinninhalt, indem nicht mehr die einzelne Fotografie im Vordergrund steht, sondern der Stream. Nicht ein Bild ist als solches wichtig, sondern dieses eine nur als Bestandteil einer Präsentation eines Alter Egos im www. Diese Bilder sind mehr oder weniger austauschbar, es kommt nicht so sehr auf den Inhalt, sondern mehr auf eine Frequenz zum richtigen Zeitpunkt an, in der die Menschen ein Lichtbild veröffentlichen. Damit löst sich die Halbwertszeit der Bilder in Wohlgefallen auf. Im Umkehrschluss fällt auch der Inhalt auf ein kaum mehr messbares Niveau, es scheint einfach nicht mehr notwendig, dass aus einem Lichtbild eine Fotografie oder tatsächlich ein Bild wird.

Nicht aber bei allen Menschen ist es so, nicht alle finden sich damit ab. Obwohl auch ich manchmal diesem Phänomen Rechnung trage. So versuche ich unentwegt eine Art der Kunstfertigkeit aufrecht zu erhalten, die Fotografie als eine Möglichkeit aufrecht zu erhalten, die die Muse im Menschen berührt, seine Phantasie beflügelt und Gefühle wie Anmut, Schönheit und Entzückung nicht aussterben lässt. Ob mit das gelingt steht auf einem anderen Blatt und das darf jeder Betrachter selbst entscheiden. Für mich kann ich nur sagen, dass ich danach trachte, auch, wenn hin und wieder die Verzweiflung ob der unendlichen Flut der Belanglosigkeit an mir knabbert.

Was ich besser machen könnte… Teil 6 von 12 [Intermezzo]

6. Mach es! Jetzt! 💪

Manchmal kommt mir der Verdacht nahe, dass bestimmte Vorhaben, die unter „mache ich mal“ hinterlegt sind, womöglich niemals statt finden werden. Diese reichen von kleinsten Vorhaben am Tage bis hin zu großen Ideen des Lebens. Ich sollte mir vornehmen einige dieser Pläne und Wünsche in ihrer Bedeutung auf den Status „JETZT“ zu setzen. Sonst wird das nix!

Es geht dabei nicht mal um immer ganz dringliche Angelegenheiten. Schon die Antwort oder Aussage „Mache ich gleich!“ birgt ein hohes Potential der Vergessenheit. Jeder kennt die Präambel der Improvisation: Nichts ist so beständig, wie ein Provisorium. Das bezieht sich keineswegs nur auf bauliche Werke, auch menschliche Beziehungen geraten offensichtlich und leider zunehmend in diese Rolle. Ich möchte hier aber nicht wieder über den Verlust von Verbindlichkeit und Authentizität sprechen.

Es sind nicht unbedingt die großen Ideen, wie zum Beispiel einer meiner Träume aus der Kindheit, eine Einhand-Weltumseglung. Dauer 3-4 Jahre. Wäre längst möglich gewesen. Aber schwebte immer nur so dahin, als Traum, oder etwas, was man ja mal machen könnte. Doch die Umsetzung ist eine ganz andere Sache, und es gibt genug Gründe, die diesen Traum zwar bestehen lassen, aber die seine Umsetzung zumindest bedingen. Familie zum Beispiel ist einer derer. Diese würde, wenn es wirklich virulent geworden wäre, wahrscheinlich sogar dahinter gestanden haben. Doch man selbst will es gar nicht, zum Beispiel Partner und Kinder für diese Zeit vermissen. (Ginge übrigens auch gemeinsam.)

Dann gibt es noch den eigenen Besitz. Der wird bekanntlich nicht besessen, sondern er besitzt. Dich. Verlangt Deine Aufmerksamkeit und Pflege, möglichst tagtäglich.

Wie verhält es sich mit kleinen Ideen? „Mache ich irgendwann einmal!“ Bedeutet „irgendwann“ niemals? Was ist mit kleinen Pflichten? „Später!“ Treiben mit dieser Einstellung einige Aufgaben und Ideen vor dir her und in wie weit beschränkt dieses Treibgut das eigene Vorankommen?

Mir fallen all diese Vorhaben immer wieder ein und auf, ich sehe ihre Geschichte und vermute ihre Zukunft. Es gibt nur das Leben in der Gegenwart, das ist allseits bekannt, doch solche Worte, wie „Plane in der Zeit, dann hast du in der Not.“ haben großen Einfluss auf mich, immernoch. Noch ginge die Weltumseglung. Irgendwann sagen die Knochen, die Konzentrationsfähigkeit und die Abenteuerlust solche Worte, wie „och nö, der Garten ist auch schön (ist er wirklich) “ und es würde verantwortungslos anderen Menschen gegenüber werden. Nicht dass ich aufgrund von Müdigkeit ein Containerschiff ramme und es versenke.

Aber es geht ja wie erwähnt nicht ausschließlich um die großen Ideen, von denen noch mehr existieren. Schon die kleinen und ganz kleinen Ideen sind es Wert, umgesetzt zu werden. Wieder mal Wagner in der Semperoper, Bamberg endlich kennen lernen, und wieder mal eine Nacht in den Dünen schlafen. Ginge alles. Sofort. Aber es liegt irgendwo im Kopf und Herz vor Anker. Neben all den anderen Ideen. Tausende. Was ich dazu am Rande bemerken kann: keine ist dabei, bei der es um Besitz ginge. So weit bin ich schon. Immerhin, denke ich für mich. Zumindest fast. Aber das passt hier nicht her, Umzug ist ein anderes Thema….

Was ich also besser machen könnte: „Irgendwann“ muss mehr zu „Jetzt“ werden! Wann? – Jetzt! Später? – Nein, sofort! Du wirst verlieren, glaube mir, wenn Du es nicht jetzt machst. Und die Vernunft, so lasse Dir gesagt sein, ist ein massiver Partner in deinen Überlegungen, die einiges zu sehr dramatisiert. Ich möchte das ändern. Oder nein, es geht nur folgendermaßen: Ich ändere es bis zum ……2019! Setze Dein Datum selbst ein! 😊

Mache es. Jetzt!