Like for Like, Teil 2 – Anonym im Internet [103]

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Das Internet. Manche Menschen möchten dort auffallen, andere möchten sich dort mitteilen. Auffallen hier im www. Einige gieren nach Likes und Followern. Sie spielen ein Schauspiel und sind dabei selbst die Hauptdarsteller. Unter den Publizisten sind sogenannte Influenzer, (man, beim Schreiben dieses Wortes sind mir die Finger nicht abgefault, RESPEKT! 😉) sie beeinflussen jene, die nicht so viel Einfluss haben, so im Netz oder auch auch auf sich selbst. Wenige werden dafür bezahlt, noch weniger können davon finanziell existieren.

Unter den Menschen, die in den sozialen Netzwerken unterwegs sind finden sich viele, die gerne bekannter werden möchten, als sie es sind. Sie möchten Reichweite generieren unter Zuhilfenahme von Posts, bezahlter Werbung (‚gesponsert‘ heißt es beispielsweise bei Instagram) oder diversen Programmen, die tausenden Nutzern auf einmal folgen, um wenige Tage später wieder zu entfolgen. Über den Status eines Micro-Influenzers (1000-100000 Follower) endlich hinaus zu wachsen ist ein bekundetes Ziel derer.

Likes selbst sind da laut Aussage der Influenzer nur eine unbedeutende, minderwertige Währung, die eigentliche Währung sind die Follower-Zahlen. Kaufen kann man sie schon, wie auch eine Erhöhung der Reichweite seiner Beiträge. Algorithmen aber schießen immer wieder quer, sie sorgen dafür, dass man Beiträge von Menschen nicht sieht, denen man eigentlich folgt, stattdessen Werbung.

Dennoch gilt, wer zahlt, wir hervorgehoben. Dumm nur manchmal, dass gekaufte Follower oft aus dem nahen bis mittleren Osten kommen, und bei näherer Hinsicht nicht erscheinen. (Naa, schon mal bei IG gaanz weit nach unten gescrollt? 😊) Aber was soll es, die Zahl ist entscheidend, und wer guckt schon genauer hin. Funktioniert heute Ego zunehmend mehr so? Ist der Mensch oder fühlt er sich mehr wert, wenn er hohe Follower-Zahlen hat?

Doch eigentlich möchte ich zu einem Thema schreiben, welches das oben beschriebene nur am Rande betrifft: Die Identität – was ist davon preiszugeben, was erwartet das Publikum von uns, was erwartet man selbst vom Auftritt im World-Wide-Web?

Kein Name – ein Pseudonym – nur seinen Vornamen – den ganzen realen Namen – Name und Anschrift – alles ist denkbar.

Was geben wir Menschen preis, sobald wir online aktiv werden? Was glauben wir zu zeigen von unserer realen Identität und von einer pseudo-realen Wirklichkeit? Verstecken einige ihr wahres Ich vor den realen, bekannten Menschen, damit diese nicht von dem erfahren, was real in einem stattfindet? Sollen die Nachbarn und Freunde nichts von dem erfahren, was uns beschäftigt, womit wir uns beschäftigen? Möchten wir unsere Familie nicht vor den Kopf stoßen mit jenen Aussagen, die wir, möglicherweise, über sie treffen, uns aber nie getraut haben, es direkt auszusprechen?

In wie weit spielen wir verstecken mit uns und der realen Welt um uns herum? Geht es niemanden etwas an, wer wir wirklich sind? Muss es überhaupt sein, dass wir in hier, in dieser virtuellen Welt, einen Part unserer wahren Identität Preis geben? Welche Folgen können wir abschätzen in einer virtuellen Welt, in der alles und jedes jederzeit manipuliert werden kann und manipuliert wird?

Manche publizieren unter ihrem wahren Ich, sind durch Impressum oder Verlinkung zu finden, andere durch Mailadresse. Nicht alle wissen, dass jeder, der nicht über Orbot/Tor-Netzwerke geht (und selbst dabei) durch seine IP-Adresse ohnehin lokalisierbar ist. Dazu bedarf es einiges an Fachwissen, dass die Nachbarn vielleicht nicht haben, die Familie eher auch nicht, jedoch alle, die genügend (kriminelle) Energie haben, finden sowieso alles heraus, um mit diesen Informationen was immer auch anzustellen. Dazu möchte ich hier aber nichts weiter vermerken. Mir geht es um ein Pseudonym oder einen wahren Namen und das, was den Unterschied macht.

Bedeutet eine Anonymisierung eines Internet-Auftritts den Beitritt in eine vogelfreie Zone, einen Raum, in dem ich mich weitestgehend bedenkenlos äußern kann? Gilt dort keine Etikette, keine Regeln, keine Gesetze? Ganz so ist es nicht, doch es scheint eine Zone zu sein, in der sich viele Menschen virtuell neu erfinden. Jeder bestimmt selbst, was er wann preisgibt, was er verschweigt, was erfindet, was bekundet. Manche Konstrukte brechen nach einiger Zeit ein, da sie einer folgerichtigen Argumentation nicht standhalten können, „Lügen haben kurze Beine“. Doch, „so what!“, beginne ich neu. Dumm nur, dass man seine Follower nicht mitschleifen kann. Beliebt ist der neue Account, der entstanden ist, weil der alte gehackt wurde😉. Was ist so reizvoll daran, eine Rolle zu spielen, ganz egal, ob man sich als Globetrotter darstellt (ICH in New York, ICH in Tokyo, ICH auf den Seychellen, ICH in Hamburg (ach nee, zu unspektakulär) oder Geschichten erzählt, Geschichten, die Teile des eigenen Lebens widerspiegeln oder fiktiv ein Gebilde der eigenen Phantasie sind.

Was auch immer man teilt, ob Bild oder Text, ob Geschichten oder Ideen, Fakten oder Fakes, Gefühle oder Gedanken, es steht immer eine Person dahinter, die real existiert. Wie viel von dieser Person wird offenbar und öffentlich? In Text und Bild bilden sich Fragmente, die wiederum ein Bild beim Leser und Betrachter erzeugen. Manche Leute sind straight in ihrem Umgang mit den virtuellen Kontakten, andere wenig wahrhaftig, unzuverlässig und oberflächlich, reagieren nur sporadisch, launisch und ignorant. Zeigt die zweite Spezies damit ihr wahres Ich, lebt das virtuell aus, was tatsächlich in ihr innewohnt und im Netz zu keinerlei Konsequenzen führt, gegenteilig zum realen Leben? Beweist diese Willkür ohne Reue, unbestimmtes Verhalten im Umgang mit seinen Kontakten, den Wert virtueller Realitäten, niedrig im Wertigkeits-empfinden zu sein, aber leider auch im Selbstwertgefühl?

Traut sich mancher erst im Netz zu sein, wie er ist oder gibt er vor, wie er gerne sein möchte? Traut sich mancher erst im Netz ein Verhalten an den Tag zu legen, dass „life“ nicht möglich ist, weil man so nicht sein möchte oder sein darf? Ist das Inkognito ein befreiender Katalysator für die Seele oder den Verstand, der ungeahnte Tiefen menschlichen Daseins zu Tage fördert? Alles schön unverbindlich? Wer weiß, schließlich hat man viele Leben dort, viele Avatare, von denen jeder und jederzeit ersetzbar ist, austauschbar und einfach so zu rebooten ist? Ganz anders, als in der Realität, nicht wahr?

11 Gedanken zu “Like for Like, Teil 2 – Anonym im Internet [103]

  1. Interessant wie das mit den Followern läuft, ich bin auf dem Gebiet etwas ahnungslos. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich vor 1990 geboren wurde. 😂 Das Internet und seine Inhalte sind stets mit Vorsicht zu genießen. Man kann einfach nicht auf die schnelle überprüfen, ob eine Nachricht stimmt, ein Blogger authentisch ist oder die Followerzahl den tatsächlich interessierten Lesern entspricht.
    Letztens machte ich jedoch eine interessante Erfahrung in der „echten Welt“: ein Bekannter hat uns 1,5 Jahre lang eine Identität vorgetäuscht, mit allem drum und dran.
    Mir kommt der unglaubliche Gedanke, dass sowas einfach in der Natur unserer Spezies liegen muss 😁

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    • Es gab mal eine Umfrage, in der erfragt wurde, wie viel Prozent der Teilnehmer gerne mal unsichtbar durch die Gegend spazieren würden. Es kam bei über 2000 Befragten eine Zahl von 87% heraus. (Ich hätte damals auch mit ja gestimmt…. 😊) Danke für Deinen Kommentar 🙋

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  2. Ich wollte erst anonym bleiben, musste aber sehr schnell feststellen, dass das nicht funktioniert. Auch ohne meinen Namen ist mein Blog voll von mir. Natürlich freue ich mich über likes und Follower, aber eher deswegen, weil es mir zeigt, dass das, was ich hier mache nicht ganz schlecht ist, dass ich vielleicht einmal jemanden berühre, erfreue, unterhalte oder ihm zeige, dass wir alle unsere Abgründe haben. Toller Text, liebe Grüße

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    • Danke Alice! 😊 Diese Beweggründe, die Du nennst halte auch ich für legitim, denn in der Welt der abnehmenden direkten Kommunikation ist dieses Medium etwas, das einen Standpunkt darlegt, der, obwohl er sich dessen bedient, gegen die Oberflächlichkeit und traurig weniger werdenden Sinnhaftigkeit der Gesellschaft aufbegehrt. Ich möchte hier nicht das Privatfernsehen anführen, gegen das jeder wettert, sich über Djungelcamp (ein Paradebeispiel) mockiert und die sinnlosen Dokusoaps beschreibt, die regen Zulauf haben, dazu gibt es noch genügend andere Beispiele, die mich manchmal echt traurig machen. Ob der gesunde Menschenverstand tatsächlich nur bis zur Sofakante reicht und erst dann, wenn das Waaser das Sofa erreicht, etwas unternommen wird? Diese „Lass die anderen mal machen“ Mentalität nervt mich gerade etwas, wie Du bemerkst. 😠
      Daher lese ich Deinen Blog sehr gerne und immer wieder, also danke Dir auch dafür und ich denke, dass es da nichts zu verstecken gibt. (Aber nur meine Meinung) Steht man mehr zu sich selbst, wenn man sich nicht anonymisiert? Ich bin nicht sicher.
      Liebe Grüße, Olaf
      (P. S. meine ABGESCHALTETE Rechtschreibkorrektur hatte gerade aus Olaf kurzerhand Allah gemacht! 😂 einen schönen Abend!

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  3. Viele interessante Fragen, die sich wahrscheinlich viele stellen. Obwohl….ne, ich korrigiere mich. Viele stellen sie eben nicht und gieren nach dem endlich vier- oder fünfstelligen Follower Zahlen.
    Infuencer ist ein grausames Wort und ein noch viel dämlicher Job. Ich verstehe noch immer nicht so ganz, wie es zu einer solchen Schwemme von Influencern überhaupt kommen konnte.
    Etwas anonymer wäre ich persönlich ganz gerne. Den Klarnamen hätte ich wohl weggelassen, wenn es möglich gewesen wäre. So ist es auch ok und da ich Erzählungen veröffentliche, gehe ich davon aus, dass die meisten Leser ahnen, dass nicht alles 1:1 erlebt wurde.

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    • Danke Mitzi für Deinen Kommentar, laut Financial Times wird das Werbevolumen über Influencer in der nächsten Zeit deutlich steigen, dieser Markt wird erst noch erschlossen, schrieben sie vor einigen Wochen. Ja, fürchterlich. Das mit dem Klarnamen finde ich nicht so schlimm, ich bin eher belustigt über manche Geheimnistuerei, die doch so wenig geheim ist für jene, die es wissen wollen. 😊
      Eine schöne Woche wünsche ich Dir, und viele liebe Grüße in südlicher Richtung, Olaf

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      • Ich bin mir sicher, dass das Werbevolumen noch steigen wird. Auch wenn ich es nicht verstehe, scheint es doch sehr gut zu funktionieren.
        Wer im Internet nicht gefunden werden möchte, der muss sich fernhalten. Ich glaube schon dass ein Synonym für die Masse wirksam ist, aber eben kein umfänglicher Schutz.
        Liebe Grüße Mitzi

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  4. Ich für meinen Teil bin absolut Ich. Was ich hier schreibe, ist authentisch und wird von mir auch im realen Leben genauso vertreten.

    Was die Followersache angeht, so habe ich mich desöfteren gefragt, wie manche zu solchen Followerzahlen kommen. Insbesondere auf youtube. Bis mir jemand mal sagte, daß man diese kaufen kann. Aber wie Du es ja geschrieben hast, es nutzt ja nichts, wenn das keine echten Follower sind, die das gar nicht wirklich ansehen. Mit Instagram kenne ich mich nicht so gut aus, aber es ist wahrscheinlich überall dasselbe. Im Prinzip nutzen einem ja keine xxx Follower irgend etwas, wenn nur ganz wenige den Artikel, Film oder was auch immer wirklich anschauen!

    Viele Grüße,

    Emiky

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    • Danke Emily, es kommt mir vor, als würde der schöne Schein sehr viel wichtiger genommen, als die tatsächlichen Werte. Ich bin, wie Du, auch real, mit all den manchmal verwobenen Gedanken, von denen ich heute manche auch nicht mehr so unterschreiben könnte, dennoch lasse ich es so stehen. Ist ja ein Teil von mir gewesen. 😊 Und bei persönlichem Kontakt, auch über Kommentare trennt sich schnell, was authentisch ist oder ziemlich bald kalte Füße bekommt. Einen schönen Sonntag wünsche ich Dir und bleib authentisch. 😊 🙋 🙏 Olaf

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