Gedanken eines Menschen, wir redeten darüber, als Folge meiner Frage, ob ein gemeinsames Shooting in Frage käme. Manchmal kommt es vor, dass ich einen Menschen, der mir begegnet, von dessen Äußerem ich überzeugt bin, anspreche, ob er nicht Lust hat, bestimmte Ideen oder Bilder in einer Fotografie umzusetzen. In Deutschland zugegeben etwas schwieriger, als in anderen Ländern, aber oft von einer Zustimmung gefolgt, wenn ein Gespräch darüber zu Stande kommt. Freut mich, wenn es klappt, nach den ersten Ergebnissen eines Shootings dann auch nahezu immer den angesprochenen Menschen. Die Gefühle, das Drumherum und die Vorgeschichte desjenigen, den ich anspreche, spielen eine große Rolle bei den Gedanken, die um das Thema kreisen. Alle Vorurteile und Befürchtungen, Zweifel, eigene Unsicherheit und fehlendes Selbstbewusstsein können zu vielen Fragen führen. Selbstüberschätzung ist natürlich auch ein Thema, dazu aber in einem der nächsten Beiträge mehr.
Wie kann ich es wagen, einen mir wildfremden Menschen anzusprechen, dabei über ein in Deutschland recht sensibles Thema sprechen zu wollen? Eigentlich unerhört. Doch als Rheinländer habe ich wenig Befürchtungen, bin recht lebensfroh und viel zu positiv dem Leben gegenüber eingestellt. Wenn nicht jetzt, wann dann? Speziell auf eines dieser Gespräche, in das viele Gedanken eingeflossen sind, möchte ich hier zu sprechen kommen. Ich finde es spannend, davon zu berichten, vielleicht betrifft es ja auch den ein oder anderen Leser. Wenn Du dazu ein paar Anmerkungen hast, eigene Erfahrungen hast oder eine eigene Meinung vertrittst, immer her damit! 😊
Vorweg: Das obige Bild zeigt zwar einen Menschen, den ich auf der Straße, genauer in einem Café ansprach, aber nicht jenen, mit dem ich dieses Gespräch führte. (Frei aus der Erinnerung erzählt)
„Bock auf ein Shooting?“
😂 Nee, so sicher nicht. Zwar bekomme ich immer wieder solche Anfragen, aber ich selbst finde es nicht sehr aussagekräftig. Ich ging also auf der Straße zu einer Person, lächelte sie an und fragte, ob ich eine Frage stellen dürfte. Dies wurde, nachdem ich von oben bis unten gemustert wurde, bejaht. Also fragte ich nach einem Shooting. Wie genau, das kannst Du mich fragen, wenn Du mich anrufst! 😊
Sehr unsicher und ungläubig schauende Augen blickten mich an. Nein, das wäre nichts für sie, ob ich es ernst nehmen würde. Immerhin eine Gegenfrage, was nicht völlige Ablehnung heißt, so dufte ich es noch etwas weiter erläutern. Ich legte also dar, was ich mir vorstellte. Meist kommt es nicht sofort zu einer weiteren Erklärung, direkt vor Ort, oft kommt weiteres per Mail, nachdem ich meine Visitenkarte überreichen durfte. Hier war es anders. Nachdem ich mich geäußert hatte wurden Zweifel genannt, aber nicht nur. Interesse am Ablauf und den Hintergründen wurden ebenso laut. Mich freut es immer sehr, wenn ein Mensch so frei ist.
Wir fanden etwas Zeit über Zweifel allgemein zu sprechen, ausgehend vom Sinn und Zweck von Fotografie überhaupt, dann von Portraits im Speziellen.
„Woher kommen die Zweifel?“
„Ich weiß nicht, ich habe sowas noch nie gemacht und ich weiß nicht, ob sowas etwas für mich wäre.“
„Was kann denn passieren, wenn es nichts für Dich ist?“
„Naja, dann hast Du Dir umsonst die Mühe gemacht und das wäre mir nicht recht. Oder ich stelle mich zu blöde an.“
„Wenn Du es nicht machst, erfährst Du nie, ob es etwas für Dich ist? Aber das weißt Du ja schon. Was könnte schlimmstenfalls passieren, wenn es nichts für Dich wäre? Wir würden es abbrechen und hätten ein bisschen Zeit miteinander verbracht. Was sind Zweifel für Dich?“
„Zweifel sind eine Vorsichtsmaßnahme, man weiß ja nie. Klar, Zweifel sorgen auch direkt dafür, dass man einer Idee nicht sofort nachgibt, sie gar nicht aufleben lässt, sie sozusagen im Keim erstickt. Wenn sie aber stark genug ist, vielleicht setzt sie sich dann doch durch?“
„Ja, stimmt, Zweifel helfen einem in einer Welt den Überblick nicht zu verlieren und einen vor vorschnellen Entscheidungen zu bewahren. Sie hemmen einen aber oftmals, seiner eigenen Entwicklung damit Raum zu geben. Gibt man sich ihnen hin, so lassen sie die eigene Entwicklung nicht zu und stellen alles so schnell in Frage, dass eine offene Beschäftigung damit nicht erst zustande kommt. Was denkst Du?“
„Zweifel, dem immer wieder nachgegeben wird führt wahrscheinlich dazu, dass ein Mensch zu einem zutiefst gehemmten Wesen werden kann. Andererseits bewahrt er einen vor einem sich hinreißen lassen, das möglicherweise zu einem Fehler führen kann, der nicht rückgängig gemacht werden kann. Wenn ich nun Fotos von mir im Internet sehe, sie werden für immer dort bleiben. Oder?“
„Das wird so sein, neben anderen Billionen von Bildern mit 4 Milliarden Bildern mehr pro Tag. Aber ich möchte es dennoch nicht herunterspielen, denn eine Gesichtserkennungs-Software würde unter Umständen Dein Bild finden können, ja. Was würde Dich daran stören? Wir reden hier über Portrait-Aufnahmen, nicht über Akt. Was würde ein Mensch denken können, der Dein Bild erkennen würde? Welche Folgen würden Dich daraufhin berühren, fände eine Person ein Bild von Dir?“
„Prinzipiell fällt mir dazu nichts ein, ich weiß nur nicht, was mit dem Bild alles passieren kann, wo es überall auftaucht, nachdem es beispielsweise bei IG erschienen ist. Ich weiß, dass sich all die Menschen, die täglich hunderte Selfies ins Netz stellen, sich keinen einzigen Gedanken darüber machen und auf der anderen Seite das Recht am eigenen Bild ganz toll finden, aber das eine verantworten sie schließlich selbst, das andere ein anderer.“
„Das sehe ich ähnlich, doch den in Deutschland gelebten oder befürchteten Umgang mit dem Bild von sich selbst halte ich für stark überbewertet, das gilt jedoch für mich selbst und entscheidet zum Glück jeder selbst, so frei sind wir ja. Doch meiner Ansicht nach wird ein zu großer Aufwand um die Rechte bei Veröffentlichung von Bildern im Internet gemacht, ich finde es toll, wenn schöne Aufnahmen gezeigt werden, die für mich als Inspirationen zur Kunst fungieren. So unterschiedlich die Menschen sind, so vielfältig ist die Meinung und Herangehensweise.“
„Zweifel sind für mich nicht unwichtig, aber in unserem Fall kommt es am Ende nur darauf an, ob ich Dir vertrauen kann. Die Entscheidung, ob Internet oder nicht ist unabhängig davon, weil ich weiß, wenn wir zusammen Bilder erschaffen, dass diese dann auch gezeigt werden. Ich kann mir vorstellen, Dein Thema darzustellen, aber ich bedenke es noch und schreibe Dir dann, wenn es für Dich in Ordnung ist?“
„Selbstverständlich ist es in Ordnung, ich würde mich freuen, wenn wir das Thema gemeinsam umsetzen würden. Vielen Dank für die offenen Worte und Deine Zeit.“
„Gerne und ich bin sehr gespannt, was so passiert.“